Tirol Beitrag

5. Mai 2022

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Natters – Europaweit einzigartige Kombination aus Navigation und 3D-Darstellung von Rundherden mit anschließender Lungenbiopsie

Wenn bei einem Lungenröntgen oder im Rahmen des Lungenkrebs-Screenings mögliche Vorstufen zu Lungenkrebs (Rundherde) entdeckt werden, dann ist der nächste Schritt meist eine Probenentnahme (Biopsie), die maßgeblich die Art der weiteren Behandlung entscheidet. Größte Herausforderung dabei ist, den Rundherd genau zu treffen. Ab sofort steht in Natters eine europaweit einzigartige Technik zur Verfügung, durch die die Zielgenauigkeit jetzt immens gesteigert werden kann.

Am Vortag der eigentlichen Biopsie werden mittels CT-Untersuchung und einer speziellen 3D-Software die Lunge und die Lage des Rundherdes genau vermessen. Ein Programm errechnet dann den idealen Weg vom Mund über die Luftröhre, durch die Bronchien bis hin zu der Stelle, an der der oft nur fingernagelgroße Rundherd sitzt.

Patienten und Modell werden fusioniert

Am Tag der eigentlichen Untersuchung wird die/der Patientin auf einem speziellen Karbontisch in einem Magnetfeld gelagert. Eine Software überlagert das am Vortag generierte 3D-Modell deckungsgleich mit dem realen Körper und die Ärztin bzw. der Arzt kann mittels eines Navigationskatheters den Weg vom Mund bis zum Ziel millimetergenau nachfahren. Sobald das Ziel erreicht ist wird der Navigationskatheter durch den Schlauch herausgezogen und die Zange für die Probenentnahme eingeführt. Jetzt kommt ein zusätzliches komplett neues Gerät zum Einsatz, und zwar ein mobiler 3D-C-Bogen, also ein High-Tech Röntgen-Gerät, das an die Untersuchungsliege herangefahren wird und mittels eines 3D-Röntgenbildes die Lage der Zange zur Probenentnahme nochmalig millimetergenau dargestellt. „Ich kann dann mit Hilfe eines drehbaren 3D-Würfels in dem sich der Rundherd befindet, die Lage der Probenzange am Bildschirm kontrollieren und bei Bedarf nachkorrigieren oder eine andere Biopsiemethode mit höherer Trefferquote wählen als geplant“, erklärt Martin Hackl, Primar der Pneumologie am Landeskrankenhaus Hochzirl-Natters. Eine weitere Steigerung der Zielgenauigkeit wird erreicht, indem eine spezielle hochfrequente Beatmungsform am/an der schlafenden Patient:in angewendet wird, womit die Lungenbewegungen minimiert werden. „Durch diese europaweit einzigartige Kombination werden wir in Zukunft eine Trefferquote zwischen 80 und 90 Prozent erreichen, was für die Aussagekraft der Probenentnahme und die weitere Behandlung unserer Patientinnen und Patienten natürlich ein enormer Vorteil ist“, freut sich Hackl, „und wir planen natürlich auch eine Studie dazu.“ Zum Vergleich: Die Trefferquote nur mittels Navigation liegt bei ca. 70 Prozent, mittels Ultraschall bei 50 Prozent und ohne Hilfsmittel bei nur ca. 30 Prozent.

Zukünftig Diagnose und Behandlung in einer Untersuchung

Die vielleicht gar nicht so weit entfernte Vision von Martin Hackl ist, dass zukünftig neben der Diagnose auch gleichzeitig die Behandlung durchgeführt werden kann. „Die durch die neue Methode gewonnene Probe könnte mittels Video-Pathologie sofort untersucht werden, noch während die Narkose läuft. Wird der Tumor bestätigt und als bösartig klassifiziert, könnten wir ihn bei Betroffenen, die nicht operiert werden können, in ein und derselben Sitzung als sogenannte One-Shot Bronchoskopie mittels Mikrowellen-Ablation, also durch Hitze sofort zerstören“, so Hackl abschließend.

Infos:

Tirolweit erkranken pro Jahr ca. 480 Personen an Lungenkrebs.
Knapp 350 Menschen sterben jährlich in Tirol an dieser Erkrankung.
Jährlich könnten in Österreich bis zu 1.000 Menschenleben durch ein Lungenkrebs-Screening gerettet werden
In Natters werden pro Jahr bei 1.200 Patient:innen Lungenspiegelungen und bei ca. 100 Patient:innen diese spezielle Lungenbiopsie durchgeführt. Rauchen gilt als Risikofaktor Nr. 1 für Lungenkrebs.