Der Gesundheitssektor wird immer mehr privat finanziert, so eine Studie. Die privaten Ausgaben der Österreicher für Gesundheit und Pflege stiegen im vergangenen Jahr um vier Prozent

(VNT/APA). Wien – Österreichs Haushalte mussten im Vorjahr das Gesundheits- und Pflegesystem deutlich stärker aus ihrer Privatschatulle bezahlen. Das ist eines der Ergebnisse, das die Beratungsagentur „Kreutzer Fischer & Partner“ aus ihrem Branchenradar herausliest. Demnach stützten die privaten Haushalte im Vorjahr mit insgesamt 12,2 Milliarden Euro aus ihrem Nettoeinkommen das Gesundheitssystem, „das im Prinzip eigentlich aus Sozialabgaben und Steuermitteln zu finanzieren wäre“, sagte Studienautor Andreas Kreutzer: „Der Gesundheitssektor greift Haushalten immer stärker in die Tasche.“ Insgesamt stiegen von 2014 auf 2015 die Ausgaben für den Bereich Gesundheit und Pflege am stärksten, nämlich um 4 %. Konkret gaben die Privathaushalte für praktische Ärzte, Fachärzte oder Zahnärzte um 6,3 % mehr aus, für Medikamente um 5,3 %, für Alten- und Behindertenpflege um 4,7 %, für Kuraufenthalte und Pflegeheime um 4,4 %.
179 Mrd. Euro gaben Österreichs Haushalte im Vorjahr insgesamt aus. Mehr als die Hälfte davon gingen für Wohnen, Haushaltseinkäufe und Mobilität drauf (siehe Grafik). Mit rund 28,4 Mrd. Euro (16 %) ihres Nettoeinkommens lassen es sich die Österreicher in ihrer Freizeit gutgehen oder leisten sich einen Urlaub. Dieser Bereich profitierte von den gesunkenen Spritpreisen. „Günstigere Mineralölprodukte schaufelten 835 Millionen Euro an Kaufkraft frei. Davon profitierten primär die Gastronomie und Freizeitwirtschaft sowie die Modeindustrie“, schrieben Kreutzer Fischer & Partner. Verlierer bei den Reisen sind allerdings die Pauschalangebote. Zwar konnten auch sie noch ein Plus von 1,7 Prozent verbuchen, der Trend geht aber eindeutig in Richtung Individualreisen, die via Internet selbst gebucht werden.
Auch der tägliche Einkauf zählt zu den größten Ausgabenposten und schlug sich mit 15 Prozent der Gesamtausgaben (26,6 Mrd. Euro) im Haushaltsbudget nieder. Die Österreicher kochen dabei immer weniger zuhause, Zustelldienste boomen. Weitere 16,6 Milliarden Euro (9,3 %) waren den Österreichern persönliche Gebrauchsgegenstände und Dienstleistungen wie Bekleidung und Friseur wert, 12,6 Milliarden Euro (sieben Prozent) flossen in Kreditrückzahlungen sowie „sonstigen Finanzaufwand“ wie Kontogebühren.
Interessant sind auch einige Details der Branchenanalyse. So gaben die Österreicher im vergangenen Jahr beispielsweise für Erotikartikel 178 Millionen Euro aus (+7,1 %), die Investition in berufliche Weiterbildung war ihnen dagegen nur 133 Mio. Euro (-1,5 %) wert. „Offensichtlich geht man davon aus, dass Bildung entweder vom Staat oder aber vom Arbeitgeber zu finanzieren ist, denn insgesamt wurden am Markt für berufliche Weiterbildung mehr als 600 Millionen Euro umgesetzt“, folgern die Studienautoren.
Das Auto bleibt den Österreichern heilig. So wurden für den privaten Straßenverkehr inklusive der Kfz-Anschaffungskosten rund 19 Milliarden Euro ausgegeben. Für den öffentlichen Verkehr ließen die Österreicher dagegen weniger als ein Zehntel davon springen, nämlich lediglich 1,6 Mrd. Euro.