Männer achten weniger auf ihre Gesundheit als Frauen, auch bei Vorsorgeuntersuchungen gibt es Aufholbedarf. Der PSA-Test zur Erkennung von Prostatakrebs ist allerdings umstritten.

(VNT/TT). Kufstein, Sistrans, Innsbruck – „Der Penis ist die Antenne des Herzens“, sagt Ralf Koller fast schon poetisch. Als Urologe am Bezirkskrankenhaus Kufstein ist der Oberarzt oft mit Fragen rund um das beste Stück des Mannes befasst. Etwa dann, wenn sich besagte Antenne nicht mehr ausfahren lässt, ein Mann also unter Erektionsstörungen vulgo Impotenz leidet. „Die Ursache hierfür ist oft psychischer Natur. Impotenz kann aber auch Vorbote für einen Herzinfarkt sein“, erläutert Koller seinen eingangs zitierten bildhaften Vergleich. Bis ein Betroffener den Weg zum Arzt findet, kann es dauern. Über die eigene Gesundheit spricht man(n) nicht so gern, schon gar nicht über Männerleiden. Um den Urologen machen viele Herren lieber einen Bogen. Die Allergie gegen den weißen Arztkittel ist hier besonders stark ausgeprägt. Jeder zweite Österreicher war überhaupt noch nie bei diesem Facharzt, um Geschlechtsorgane, Harnwege und Co. zu checken.
Doch Erkrankungen sind keine Seltenheit. Hodenkrebs etwa kommt bei jüngeren Männern zwischen 20 und 40 vor. Erkennbar ist diese Veränderung leicht: Der Hoden vergrößert sich, er fühlt sich hart und holzig an. In diesem Fall ist rasch der Arzt aufzusuchen. Koller: „Früh erkannt, ist Hodenkrebs sehr gut heilbar. Auch nach Entfernung eines Hodens bleibt die Zeugungsfähigkeit erhalten. Der zweite Hoden übernimmt.“ Schon beim Nennen des Wortes Prostata zuckt mancher Zeitgenosse zusammen. Oberarzt Koller kennt den Grund: „Prostatakrebs ist die häufigste Krebsform beim Mann.“ Mehr als 4000 Fälle sind es in Österreich pro Jahr. Und nach dem Lungenkrebs fordert Prostatakrebs die meisten Krebstoten.
Koller rät Männern ab 45 und dann „alle drei Jahre“ zur Prostatavorsorge mit Hilfe des PSA-Tests; gemessen wird dabei der Spiegel des Prostata-spezifischen Antigens im Blut. Überdies untersucht der Urologe die Prostata rektal, indem ein Finger in den Enddarm des Patienten eingeführt wird. Auch davor haben viele den sprichwörtlichen Bammel.
Der PSA-Test ist ins Gerede gekommen. Christoph Fischer, praktischer Arzt in Sistrans und Vize-Chef der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin, deklariert sich als Skeptiker. „Der PSA-Wert kann von vielen harmlosen Faktoren in die Höhe getrieben werden, und er zeigt auch latente Tumore an, die beim Patienten nie ausbrechen“, sagt Fischer. Ein hoher PSA-Wert bedeute keinesfalls zwingend Prostatakrebs. Dennoch würden sich fast alle Männer mit erhöhtem PSA für die Krebstherapie entscheiden. Auch solche, die eine Behandlung gar nicht benötigen.
Die möglichen Folgen einer Therapie seien weitreichend, gibt Fischer zu bedenken: „Von Impotenz und Harn-Inkontinenz bis zu Herzinfarkt und Schlaganfall.“ Sein Fazit daher: „Nutzen und Schaden liegen beim PSA-Test sehr nahe beieinander.“
Letztlich sei es jedoch die Entscheidung jedes einzelnen Patienten, ob er diese Form der Prostatakrebsvorsorge durchlaufen will oder nicht. Fischer selbst hat seit 15 Jahren keinen PSA-Test mehr gemacht: „Mein Wert damals war enorm hoch, es gab keine Behandlung, passiert ist nichts.“
Urologe Koller in Kufstein will am Testverfahren dagegen festhalten. „Ich halte den PSA-Test für wichtig, man muss das Ergebnis richtig interpretieren“, betont der Unterländer Experte. Ist der Wert überhöht, sollte in gewissen Intervallen nachgemessen werden, um eine gesicherte Datenlage zu erhalten. „Erst dann ist zu entscheiden, ob eine Krebstherapie gestartet wird“, empfiehlt Koller.
Abseits fachlicher Debatten über den Sinn medizinischer Methoden will die Politik Männer motivieren, gesünder zu leben. Landesrat Bernhard Tilg hält es für angezeigt, „dass Vorsorge und Prävention in den Köpfen der Tiroler präsenter werden“. Statt „immer am Vollgas“ zu stehen, sollten die Männer auf ihr Wohlbefinden achten.