AK-Präsident Zangerl gegen Öffnung des Arbeitsmarkts für Asylwerber

AK-Präsident Erwin Zangerl spricht sich für eine sozial verträgliche Asylquote aus: „Wir können nicht alle Flüchtlinge bei uns aufnehmen.“

Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl (VP) sorgt sich um die Stimmung im Land
Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl (VP) sorgt sich um die Stimmung im Land

(VNT/TT). Innsbruck – Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl (VP) sorgt sich um die Stimmung im Land. Das Wahlergebnis in Oberösterreich mit den hohen Verlusten für ÖVP und SPÖ sowie den massiven Zugewinnen für die Freiheitlichen gibt ihm zu denken. „Weil Oberösterreich im Bauch und nicht im Kopf passiert ist.“ In der Ursachenforschung kommt Zangerl auf das Flüchtlings- und Asylthema zu sprechen. „Was da passiert, ist unvorstellbar, allein wenn man die Gesichter der Menschen sieht, die vor Krieg und Terror aus ihrer Heimat flüchten.“ Trotzdem mahnt Zangerl die Politik zu mehr Realismus: „Wir können nicht alle Flüchtlinge bei uns aufnehmen, das ist nicht möglich.“

SPÖ und ÖVP haben es laut Zangerl verabsäumt, Antworten zu finden. Außerdem würden sie den Fehler begehen und in der Asylfrage nicht geeint auftreten. „Deshalb werden sie zwischen den Grünen, die sagen, wir nehmen alle Flüchtlinge auf, und der FPÖ, die niemanden reinlassen will, aufgerieben. Und das erzeugt bei den Menschen Angst, die noch dazu geschürt wird.“ Zangerl spürt zunehmend Verunsicherung in der Arbeitnehmerschaft. „Zum einen gibt es die Migrationsströme und die steigende Zahl von Asylwerbern. Andererseits ist das wirtschaftliche Umfeld derzeit ohnehin nicht das beste. Und wenn die Politik dann selbst den Eindruck von Machtlosigkeit vermittelt, dann stellen sich automatisch Ängste ein, wie es mit ihrem Arbeitsplatz, mit der Gesellschaft und dem Land weitergeht.“

Der Tiroler Arbeiterkammerpräsident lobt das große humanitäre Engagement der Regierung und der Bevölkerung. „Trotzdem müssen wir auch an die Zukunft denken und Grenzen definieren.“ Deshalb spricht er sich gegen eine Öffnung des Arbeitsmarkts für Asylwerber aus. „Davon wären vor allem die in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund betroffen, weil es Asylwerber wohl noch billiger machen würden.“ Er sieht die Forderungen aus dem Tourismus und Teilen der Wirtschaft kritisch, „weil dadurch die Löhne weiter gedrückt werden; Gewinnmaximierung auf Kosten billiger Arbeitskräfte“.

Für Zangerl benötigt es eine sozial verträgliche Asylquot­e, die die Bundesregierung definiere­n müsste. „Ansonsten sind die Folgewirkungen für unser Sozial-, Gesundheits- und Pensionssystem nicht mehr zu schultern.“ Gleichzeitig fordert er massive finanzielle Unterstützung von der EU für Staaten wie Österreich, die im Vergleich zu anderen EU-Ländern die größten Lasten zu tragen hätten.

Weil er das Unbehagen in der Arbeitnehmerschaft spürt, bezeichnet es Zangerl als seine Aufgabe, auch auf Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. „Wir müssen die Grundangst in Teilen der Bevölkerung wegbringen. Die Politik ist hier gefordert, indem sie Grenzen in der Asylfrage bestimmt. Der humanitäre Auftrag ist das eine, aber wir müssen weiter als fünf Tage denken.“

Factbox

Arbeitsmarktöffnung für Asylwerber steigert Arbeitslosigkeit

Das Sozialministerium hat die bisher unter Verschluss gehaltene Studie über die Arbeitsmarktöffnung für Asylsuchende publiziert. Demnach würde eine Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges für Asylwerber zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Angesichts steigender Asylanträge spricht sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) gegen die Öffnung des Arbeitsmarktes für Flüchtlinge aus.

Die Studie ging zum Zeitpunkt des Erstellens von 33.000 Anträgen im Jahr 2015 aus und rechnet mit diesen niedrigen Antragszahlen mit einer einmaligen Erhöhung des Arbeitskräftepotenzials um bis zu 10.000 Personen zusätzlich. Kurzfristig würde sich die Arbeitslosigkeit um 0,23 Prozentpunkte erhöhen. Das Innenministerium rechnet nunmehr bereits mit 80.000 Asylanträgen – also mehr als doppelt so vielen Anträgen – im Jahr 2015. Die hohe Zahl der Anträge würde die Zahl der Arbeitslosigkeit noch deutlicher erhöhen.

Bereits jetzt 17.122 anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzbedürftige in Arbeitslosigkeit

„Vor diesem Hintergrund und den heute veröffentlichen hohen Arbeitslosenzahlen im Land – 391.000 Menschen sind im September arbeitslos oder in Schulung gewesen – ist für mich eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber nicht vertretbar“, so Sozialminister Hundstorfer. „Wir haben bereits jetzt 17.122 anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzbedürftige in Arbeitslosigkeit, unser Hauptaugenmerk ist es, diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagte Hundstorfer, der darauf verwies, dass für diese Personen die Mittel für Deutschkurse ab dem heutigen Tag noch einmal aufgestockt wurden.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass eine Öffnung des Arbeitsmarktes zu 0,04 bis 0,08 Prozent niedrigeren Löhnen der heimischen Arbeitskräfte und zu einer geringfügigen (0,04 Prozentpunkte) Verringerung des Zugangs in Beschäftigung in einzelnen Branchen z.B. Landwirtschaft führt. Generell gilt, je kürzer die Verfahrensdauer von Asylverfahren, desto geringer sind die Arbeitsmarktwirkungen einer Liberalisierung.

Ein Blick auf die Qualifikationsstruktur ergibt, dass Asylwerber mehrheitlich Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren (75 Prozent) mit einem traditionell sehr hohen Anteil an mittleren Qualifikationen sind. Dieser Anteil ist jedoch im Sinken begriffen und ist von Herkunftsland zu Herkunftsland sehr unterschiedlich. 33,47 Prozent der Asylwerber insgesamt verfügen maximal über einen Pflichtschulabschluss, 56 Prozent über eine mittlere Ausbildung.

Die Studie besagt weiters, dass die Integration von Flüchtlingen am Arbeitsmarkt schwierig ist. Besonders benachteiligt sind dabei Frauen und erst kurz im Land befindliche Asylwerber. Die Probleme ergeben sich durch besonders unvorteilhafte Migrationsbedingungen, durch die schlechte Anerkennung von Ausbildungen im Herkunftsland, durch lange Stehzeiten außerhalb des Arbeitsmarktes während des Asylverfahrens und durch die Ansiedlung der Betroffenen in Regionen, in denen die spezifischen Qualifikationen der Asylwerber am Arbeitsmarkt nicht nachgefragt werden.

In Österreich ist ein eingeschränkter Arbeitsmarktzugang für Asylwerber nach drei Monaten möglich. Asylwerber können dann nach Erhalt einer Bewilligung entweder einer befristeten Saisonbeschäftigung im Tourismus oder in der Landwirtschaft nachgehen. Jugendliche Asylwerber bis 25 Jahre können eine Beschäftigungsbewilligung für einen Lehrberuf mit nachgewiesenem Lehrlingsmangel erhalten. Laut Grundversorgungsgesetz können Hilfstätigkeiten in den Betreuungseinrichtungen und Unterkünften (z.B. Küchenbetrieb, Reinigung, Instandhaltung) und kurzfristige (maximal drei Wochen) oder anlassbezogene Hilfstätigkeiten mit gemeinnützigem Charakter bei Bund, Land oder Gemeinde (z.B. Betreuung von Park- und Sportanlagen) ausgeübt werden. Solche gemeinnützige Tätigkeiten gelten allerdings nicht als Arbeitsverhältnis.

Ein erschwerter Arbeitsmarktzugang hat laut der Studie aber wenig Auswirkung darauf, wie viele Asylwerber in ein Land kommen. Nach den Ergebnissen internationaler Studien wären eine intensive Bekämpfung des Schlepperwesens potenziell auch die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in einem Asylland wirksamere Maßnahmen zur Verringerung von Flüchtlingszahlen als eine Beschränkung des Arbeitsmarktzuganges, so das WIFO.