Gesundheitssystem droht der Kollaps

Dem österreichischen Gesundheitssystem droht mit dem neuen Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, welches am 1.7.2015 in Kraft getreten ist, ein Kollaps. Zumindest kurzfristig muss man das so deutlich sehen.

Mit der vor Kurzem im Nationalrat durchgewunkenen Umsetzung einer EU-Gesetzesnovelle ergibt sich für Bund und Länder die Pflicht zur Reduktion der Arbeitszeit von Spitalsärzten von 72 auf nur mehr 48 Wochenstunden. Die Konsequenzen sind augenscheinlich und können auch von der politischen Klasse nicht mehr schön geredet werden: Weil das Geld für mehr Ärzte fehlt, können die Spitalsambulanzen des Patientenansturms nicht mehr Herr werden. Im Zuge der Umsetzung der neuen Dienstzeit-Modelle sollen in Wiens Gemeindespitäer bis 2018 gut 382 Dienstposten reduziert werden. Das gehe aus einem Papier des Krankenanstaltenverbunds (KAV) hervor, wie die Tageszeitung “Kurier” berichtet. Experten errechnen bereits eine Reduktion der Ambulanzkapazität um 20 Prozent. Statt bisher 17 Millionen Behandlungsfällen im Jahr werden die Ambulanzen nur mehr knapp 14 Millionen durchführen können!

Tirol Kliniken müssen Ambulanzfrequenz deutlich senken

Mit der Präsentation des Jahresberichts 2014 hat der Spitalsbetreiber „tirol kliniken“ angekündigt, dass die Ambulanzbesuche auf der Klinik um 40 bis 50 Prozent abgesenkt werden müssen. Derzeit verzeichnet die Innsbrucker Klinik mit 1, 15 Millionen Ambulanzbesuchen pro Jahr mehr Frequenz als das weit größere AKH in Wien.  An sich ist die Notwendigkeit der Verlagerung von den Ambulanzen in den niedergelassenen Bereich durchaus zu begrüßen, wenn intelligente Begleitmaßnahmen (Gruppenpraxen, die am Abend und an Sonn- und Feiertagen offen sind) einher gehen. Denn die Behandlungen in den Ambulanzen sind teuer. Gravierend ist aber auch die Verschärfung durch den Fachärztemangel. Ich selbst warte auf einen Hautarzttermin in Innsbruck im niedergelassenen Bereich bereits fünf Monate. Die Schwächen im heimischen Gesundheitssystem sind nun durch viele politische Fehler offengelegt. In Wien ordinieren  deutlich mehr Wahl- als Kassenärzte. Wiens Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres warnt schon, dass das System an die Wand gefahren wird. Im drohenden Kollaps müssten sich eigentlich neue Chancen auftun: Gemeinschaftspraxen mit Clubcharakter oder die rechtliche Frage, ob Ärzte andere Ärzte anstellen dürfen. Bemessen in Prozent des BIP liegt Österreich bei den Ausgaben mit 10,1 Prozent weiterhin über dem OECD-Schnitt der Gesundheitsausgaben. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Der Anteil der öffentlichen Ausgaben an den Gesamtmitteln, die für Gesundheit aufgewendet werden, stieg leicht auf 76 Prozent und liegt etwas über dem Durchschnitt (73 Prozent).

93 Milliarden Euro für Sozialausgaben

Faktum ist auch, dass die sozialen Sicherungssysteme (Gesundheit, Soziales, Pensionen) bei stark steigender Arbeitslosigkeit und Massenzuwanderung auf Dauer dem Druck nicht mehr gerecht werden wird können. Auch wenn seitens der Medien und Politik anderes verlautet wird. Das System ist unter diesen Vorzeichen nicht mehr langfristig finanzierbar. Verantwortungsbewusste Patientenvertretung muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass sie in der Regel mehrheitlich Patienten und Mitglieder zu vertreten hat, die auf die sozialen Sicherungssysteme angewiesen sind. Österreich gibt mittlerweile mehr als 30 Prozent des BIP für Soziales aus. In Summe sind das 93 Milliarden Euro pro Jahr. Nahezu 50 Prozent der Steuereinnahmen fließen in den Sozialstaat.