Eltern sollen für Betreuung – Kinder für Pflege mitzahlen

Gemeindeverbandspräsident Schöpf will über einen sozial gestaffelten Kinderregress ebenso diskutieren wie über Beiträge zur Kinderbetreuung.

Seit der Abschaffung des Kinderregresses ist die Zahl der Heimbewohner sprunghaft angestiegen. Die Kosten muss die Allgemeinheit tragen.
Seit der Abschaffung des Kinderregresses ist die Zahl der Heimbewohner sprunghaft angestiegen. Die Kosten muss die Allgemeinheit tragen.

(VNT/TT). Innsbruck – „Alles zum Nulltarif wird sich nicht länger spielen“, meint Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf. Zumindest den Gemeinden würde finanziell die Luft ausgehen. Auch weil die Ausgaben für Altenpflege, Kinderbetreuung und Behindertenhilfe „astronomische Höhen“ erreicht hätten.

Schöpf sitzt in jener Steuerungsgruppe, die errechnen soll, wie Land und Gemeinden die Kosten der Steuerreform abdecken sollen. Mehr auf dem Lohnzettel, bedeutet weniger im Staatssäckel. 80 bis 90 Millionen Euro koste die Steuerreform das Land, 30 Millionen Euro müssten die Gemeinden berappen. 600 Vorschläge, wie und wo gespart werden soll, liegen laut Schöpf auf dem Tisch. Verwaltungsreform ist ein Stichwort. Was lässt sich bei Bezirkshauptmannschaften, Land und Gemeinden vereinfachen? Nächste Woche soll die Steuerungsgruppe unter Vorsitz der beiden LHStv. Josef Geisler (ÖVP) und Ingrid Felipe (Grüne) die Maßnahmen durchforsten.

Schöpf will über alles reden. Entgegen der ÖVP-Parteilinie fordert er „einen sozial gestaffelten Kinderregress“. Dessen Abschaffung sei ein „großer Fehler gewesen und im Nationalratswahlkampf 2008 passiert“. Das Wahlkampfzuckerl kam bei der Tiroler Bevölkerung enorm gut an. Sobald klar war, dass Kinder für die Pflege ihrer Eltern im Heim nichts mehr zu bezahlen hatten, stieg die Zahl der Heimbewohner sprunghaft an, zu Lasten der Allgemeinheit. 2007 musste das Land rund 40 Millionen Euro bei der Pflege draufzahlen, 2012 waren es bereits 65 Millionen Euro. Tendenz weiter steigend. „Das ist für mich asozial“, erklärt Schöpf. Die enormen Kosten könne die öffentliche Hand nicht auffangen, „weil die Kassen leer sind“. 2014 schlug sich die Pflege mit rund 149 Millionen Euro zu Buche, davon berappen die zu Pflegenden und deren Partner rund die Hälfte, den Rest bezahlen Land und Gemeinden. Die Abschaffung des Kinderregresses hat die Allgemeinheit nach Berechnungen des Landes rund acht bis neun Millionen Euro gekostet. Für LH Günther Platter ist die Wiedereinführung des Kinderregresses kein Thema. Für Schöpf ist zumutbar, „dass die, die es sich leisten können, auch etwas zur Pflege ihrer Eltern beitragen“.

Trag was bei, wäre auch Schöpfs Motto bei der Kinderbetreuung. Während in Österreich über Gratiskindergartenjahre diskutiert wird, will Schöpf über „Elternbeiträge“ reden. „Ebenso sozial gestaffelt“, wie er anmerkt.

Neben den Kosten für die Pflege, sind auch jene für die Behindertenhilfe explodiert. Die Kosten von 144 Millionen Euro tragen beinahe zur Gänze Land und Gemeinden. Die Klienten selbst steuern 13 Millionen Euro bei. Tages-, Wohn- und mobile Betreuung sind die größten Kosten. „Wir müssen tabulos diskutieren und wirklich alles durchforsten“, meint Schöpf. Auch bei der Behindertenhilfe gibt es keine soziale Staffelung.
Sozialbericht

Altenpflege: Von 2010 auf 2014 sind die Kosten von 120 Millionen Euro auf 149 Millionen Euro gestiegen. Rund die Hälfte davon zahlen die zu Pflegenden und deren Partner. Der Kinderregress wurde 2008 abgeschafft, der Partnerregress nicht.

Behindertenhilfe: Die Kosten sind explodiert, weil die Leistungen ausgebaut wurden. Unterstützt werden 9677 Personen mit 130,7 Mio. Euro, 13,3 Mio. zahlen die Klienten selbst.

Steuerungsgruppe: Sie soll Vorschläge erarbeiten, wie die Kosten der Steuerreform für Land und Gemeinden wieder hereingebracht werden können. In der Gruppe sitzen die beiden LHStv. Geisler und Felipe, die beiden Klubobmänner, der Landesrechnungshofpräsident, der Landesamtsdirektor und dessen Stellvertreter, Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf und Peter Bußjäger vom Institut für Föderalismus.