ÖÄK-Wechselberger: Patientenanwalt Bachinger fehlt Sachkenntnis

Ärztliche Hausapotheken notwendig für flächendeckende Medikamentenversorgung

Bachingers Vorschlag, die über 800 ärztlichen Hausapotheken durch einen Zustelldienst der öffentlichen Apotheken zu ersetzen, ignoriere Bevölkerungswünsche und Realität, so Wechselberger
Bachingers Vorschlag, die über 800 ärztlichen Hausapotheken durch einen Zustelldienst der öffentlichen Apotheken zu ersetzen, ignoriere Bevölkerungswünsche und Realität, so Wechselberger

(VNT). Die jüngsten medialen Aussagen von Patientenanwalt Gerald Bachinger seien ein „entbehrliches und peinliches Zeichen von Unkenntnis über die Zusammenhänge und Bedürfnisse in der österreichischen Gesundheitsversorgung“. Das sagte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Artur Wechselberger,  Montag in einer ersten Reaktion auf Bachinger, der unter anderem den Ersatz der ärztlichen Hausapotheken durch Zustelldienste als probate Problemlösung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum vorgeschlagen hatte. Der Patientenanwalt habe offenkundig keine Vorstellung davon, welche Bedürfnisse die 3,6 Millionen Österreicherinnen und Österreicher in kleinen Gemeinden hätten und wie man diese wirksam befriedigen könne.

Bachingers Vorschlag, die über 800 ärztlichen Hausapotheken durch einen Zustelldienst der öffentlichen Apotheken zu ersetzen, ignoriere Bevölkerungswünsche und Realität, so Wechselberger. Gerade die oftmals ältere und immobile Bevölkerung auf dem Land brauche neben der persönlichen Betreuung und Beratung durch den Arzt kurze Wege, um rasch und unmittelbar zu den benötigten Medikamenten zu kommen, so der Ärztepräsident. Ebenso unrichtig sei Bachingers Verweis auf Deutschland, wo dieses Modell angeblich funktioniere. Wechselberger: „In Deutschland gibt es keinen Gebietsschutz und daher fast doppelt so viele öffentliche Apotheken pro Einwohner wie in Österreich. In der Schweiz gibt es zudem ärztliche Hausapotheken wie in Österreich.“ Wenn Bachinger öffentlich internationale Standards für Österreichs Gesundheitsversorgung einfordere, dann sollte er sich vorher erkundigen, wie diese Standards aussehen, sagte Wechselberger.

Das gelte auch für die geplanten Primärversorgungsmodelle. Wie Bachinger fordere die Ärztekammer internationale Standards der medizinischen Grundversorgung, jedoch müssten die Ausgangssituationen hinsichtlich Demografie, Topografie, Organisationsvorgaben und auch Mentalität der Bevölkerung mit Österreich vergleichbar sein. „Und das sind für uns Deutschland und die Schweiz und nicht Skandinavien, wo die Politik immer wieder hinschiele.“

Zuletzt wies der höchste Ärzterepräsentant den Patientenanwalt darauf hin, dass es in Österreich sehr wohl Ärztemangel im versorgungsrelevanten kassenärztlichen Bereich gebe: „Wir haben zwar eine relativ hohe Ärztedichte, doch zu wenige Kassenärzte, was an den unattraktiven, zunehmend bürokratischen Arbeitsbedingungen und überalterten Leistungskatalogen liegt.“ Ein Beispiel aus Wechselbergers Tiroler Heimat: Statt zwei Allgemeinmedizinern mit Hausapotheke in Wildschönau gibt es dort nach der Eröffnung einer neuen öffentlichen Apotheke, die die ärztliche Hausapotheke verdrängte, gar keinen Arzt für mehr als 4000 Einwohner.