Treffen der ARGE Niere in Innsbruck (9. bis 10. Mai 2009)

Nieren-Patienten aus ganz Österreich in Innsbruck: Mehr Betten für Nierenkranke in Innsbrucker Klinik; Patienten müssen frei zwischen Peritonealdialyse zu Hause und ambulanter Hämodialyse wählen können!

Innsbruck, Freitag 8. Mai 2009 – „Derzeit verfügt zum Beispiel die nephrologische Bettenstation an der Innsbrucker Universitätsklinik über 16 Betten. Diese Zahl reicht schon heute nicht aus“, kritisiert Egon Saurer, Obmann des Vereins Nephro Tirol. „Wir fordern deshalb seit längerer Zeit, dass im Zuge des Umbaus eine Aufstockung der Bettenzahl auf 28 erfolgt – entsprechende Entscheidungen der Tiroler Gesundheitspolitik stehen leider noch immer aus.“

Die jährliche Steigerungsrate aller Dialysepatienten beträgt in Österreich mehr als fünf Prozent. Auf Grund der demografischen Entwicklung muss davon ausgegangen werden, dass der Bedarf an Nierenersatztherapie in Zukunft deutlich zunehmen wird. Saurer: „Diese Entwicklungen sind aus der Sicht eines Selbsthilfevereins besonders bedeutsam, weil sie entsprechende Vorkehrungen in unserm Gesundheitssystem erforderlich machen.“

In Innsbruck wird sich am kommenden Wochenende sehr viel um das Thema Niere, Nierentransplantation und Dialyse drehen. Die ARGE Niere Österreich (Österreich-Präsident: Gerold Schackl) tagt in Tirol, u. a. gibt es einen Empfang durch Innsbrucks Bürgermeisterin Hilde Zach und dem Präsidenten des Tiroler Landtages DDr. Herwig van Staa.

Weil Nierentransplantation wegen vorliegender Grunderkrankungen oder aus Altersgründen nur bei etwa 20 bis 30 Prozent der Menschen mit Niereninsuffizienz in Frage kommt, gibt es für viele Nieren-Patienten keine Alternative zur Dialyse. Saurer: „Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Aufklärung über die Möglichkeiten einer Nierenersatztherapie sehr kompetent und ausführlich erfolgt. Patienten mit Niereninsuffizienz müssen wissen, welche Alternativen es gibt, und welche dieser Alternativen für sie am besten geeignet ist.“

Im Jahr 2007 unterzogen sich in Tirol 235 Patienten eine Hämodialyse im Spital oder einem Dialysezentrum, 15 Patienten einer Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse), die zu Hause durchgeführt werden kann. Saurer: „Wir wissen, dass in anderen EU-Ländern 20 bis 30 Prozent mit der Bauchfelldialyse behandelt werden. Der Patient muss die Wahlfreiheit zwischen beiden Dialyseformen haben und hat ein Recht auf ausführliche Aufklärung und freie Willensäußerung!“ Es wäre nicht akzeptabel, dass auf Grund von Informationsdefiziten und strukturellen Mängeln Patienten, die von einer PD profitieren könnten, dies nicht in ausreichendem Maße tun.

Saurer: „Das gilt besonders für sehr junge Dialysepatienten und Menschen die im Berufsleben stehen. Das Plus an Mobilität, das die PD mit sich bringt, darf ebenso wenig vernachlässigt werden wie das Plus an Lebensqualität für alle, die für eine PD in Frage kommen und die sich auch dafür entscheiden möchten.“

Nieren-Spezialist Prof. Rosenkranz: Die Alternativen bei der Dialyse

Das gängigste Dialyseverfahren ist die Hämodialyse (HD), sie kommt in Österreich bei 92 Prozent der Patienten zum Einsatz. Hämodialyse bedeutet die Trennung von Blut und Schadstoffen mittels Filtrierung. Bei der HD wird der Blutkreislauf der Patienten regelmäßig an eine Maschine angeschlossen, und so das Blut außerhalb des Körpers gereinigt. Über einen Gefäßzugang am Arm oder Bein – den mittels einer Operation angelegten „Shunt“ – wird das Blut aus der Arterie über ein Schlauchsystem durch das Dialysegerät geleitet. In der künstlichen Niere, dem wie ein Filter wirkenden Dialysator, erfolgt die eigentliche Blutwäsche. Das derart gereinigte Blut wird dann wieder in den Körper zurück transportiert. Pro Dialysebehandlung fließt das Blut mehrere Male durch das reinigende Gerät. Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz Medizinische Universität Innsbruck, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, Nephrologie und Hypertensiologie): „Der Nachteil dieses Verfahrens: Die Patienten müssen sich einem festen Behandlungsplan anpassen und dreimal pro Woche über vier bis fünf Stunden in ein Spital oder Dialysezentrum kommen.“

Ein ganz anderer Weg wird bei der Peritoneal- oder Bauchfelldialyse (PD) beschritten, der sehr gut selbst zu Hause durchzuführende Heimdialyse: Sie nutzt das Bauchfell („Peritoneum“) als körpereigenes Filterorgan zur Blutreinigung.

Mehr Flexibilität durch Peritoneal- bzw. Heimdialyse

Die Dialyselösung fließt dabei durch die Schwerkraft mittels eines kleinen, weichen Plastikschlauchs („Katheter“) in die Bauchhöhle. Dieser Katheter wird mit Hilfe einer Operation implantiert und lässt sich später problemlos durch die Kleidung verdecken. An den Teil, der sich außerhalb des Körpers befindet, werden die Beutel mit der Dialyselösung angeschlossen. Während die Lösung in der Bauchhöhle verweilt, findet die Dialyse statt: Wasser und Giftstoffe wandern vom Blut durch das Bauchfell in die Dialyselösung. Nach etwa vier bis fünf Stunden ist die Lösung mit den auszuscheidenden Stoffen gesättigt und wird durch frische Lösung aus einem neuen Beutel ersetzt. Prof. Rosenkranz: „Das ist unter Beachtung entsprechender Hygienemaßnahmen zu Hause, am Arbeitsplatz und sogar auf Reisen möglich. Der entscheidende Vorteil für die Patienten besteht darin, dass sie während des eigentlichen Dialysevorgangs unabhängig von Geräten sind und sich frei bewegen können.“

Die häufigste Form der PD ist heute die „kontinuierliche ambulante PD“ (CAPD). Dabei wechselt der Patient den Beutel mit der Dialyselösung von Hand, in der Regel drei bis vier Mal täglich. Der neueste Stand der Medizintechnik ermöglicht es inzwischen sogar, die PD vollständig nachts durchzuführen. Bei dieser Automatisierten Peritonealdialyse (APD) sorgt ein externes Gerät („Cycler“) selbstständig für den Austausch der Dialyselösung. Der gesamte Vorgang dauert etwa acht bis zehn Stunden. So erfolgt die Blutreinigung buchstäblich „im Schlaf“.

Prof. Rosenkranz: „Besonders für Dialysepatienten, die selbständig und vom betreuenden Zentrum unabhängiger sein wollen, ist die Bauchfelldialyse zu empfehlen. Dazu zählen unter anderem Schüler, Studierende und Berufstätige, die aufgrund der größeren Flexibilität von diesem Verfahren profitieren. Krankenstandtage oder Frühpensionierungen gehen bei PD zurück.“

PD kann Gesundheitssystem entlasten

Allerdings wird die PD in Österreich im internationalen Maßstab noch sehr zurückhaltend eingesetzt. Während in vielen europäischen Ländern 20 bis 30 Prozent der Dialysepatienten eine PD machen, sind es in Österreich gerade einmal 8 Prozent. Prof. Rosenkranz: „Die PD ermöglicht nicht nur mehr Mobilität und Flexibilität, sie könnte auch einen wichtigen Beitrag leisten, um die angespannte Versorgungssituation in Sachen Dialyse zu entlasten.