Univ. Prof. Dr. Gert Mayer: 10 Jahre „Nephro Tirol“

Am Beginn möchte ich dem Verein „Nephro Tirol“ alles Gute wünschen und ich bin zuversichtlich, dass die nächsten 10 Jahre genauso produktiv verlaufen wie die vergangenen

Univ. Prof. Dr. Gert Mayer, Direktor Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin IV, Nephrologie und Hypertensiologie
Univ. Prof. Dr. Gert Mayer, Direktor Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin IV, Nephrologie und Hypertensiologie @VNT/Archiv/ES

„Nephro Tirol“ war und ist für die Universitätsklinik für Innere Medizin IV ein konstanter und überaus kooperativer Ansprechpartner und manche, für die Klinik überaus positive Entwicklungen, waren sicher nur möglich, weil „Nephro Tirol“ mit am selben Strang gezogen hat.

Rückgang an Patienten – Konzept „Niere 60/20“

Natürlich hat sich in den letzten 10 Jahren medizinisch viel verändert. Seit 2006 beobachtet man im Österreichischen Dialyse- und Transplantationsregister einen Rückgang der PatientInnen, die neu in ein Nierenersatztherapieprogramm aufgenommen werden müssen. Dies ist wahrscheinlich auf die bessere Betreuung im Prädialysestadium zurückzuführen; wir können allerdings nur hoffen, dass dieser Trend weiter anhält und um dies zu erreichen, hat die Österreichische Gesellschaft für Nephrologie das Konzept 60/20 entworfen (Abfall der Nierenfunktion auf 60% führt zu einer Abklärung durch die Nephrologie, bei Abfall unter 20% übernimmt die Nephrologie die Hauptbetreuung). Dieses „disease management Programm“, welches auch von „Nephro Tirol“ aktiv unterstützt wird, wird nun in den Bundesländern an die entsprechenden politisch verantwortlichen Personen herangetragen und wir hoffen auf eine breite Umsetzung.
Obwohl also weniger PatientInnen mit einer Nierenersatztherapie beginnen müssen, hat die Zahl der Behandelten zugenommen. Dies scheint auf den ersten Blick paradox, ist aber einfach durch ein verbessertes Überleben zu erklären. Auch dies dürfte auf eine bessere umfassendere Behandlung (Therapie der Anämie, des Blutdrucks, des Säure-Basenhaushaltes, der Nebenschilddrüsenüberfunktion etc.) zurückzuführen sein, da es auf dem Gebiet der Hämodialyse – mit Ausnahme der Einführung der Hämodiafiltration – keine großen technischen Fortschritte gab. Neue Methoden (z.B. die tragbare Niere, nächtliche Dialyse, tägliche kurze Dialyse) haben sich bisher nicht flächendeckend durchgesetzt, es wird aber hier weiter intensiv geforscht. Heimdialyseverfahren sind eine andere interessante Option, es gibt nun neben der Peritonealdialyse auch andere Ansätze, die es mehr PatientInnen als bisher ermöglichen sollen, zu Hause behandelt zu werden.

Transplantation spielt große Rolle

Die Transplantation spielt weltweit, aber besonders in Innsbruck (dank des großen Einsatzes der Chirurgie und Anästhesie) weiterhin eine wichtige Rolle. Auch hier hat es mit der Einführung neuer Medikamente mit weniger Nebenwirkungen wichtige Verbesserungen gegeben. Enorme Fortschritte gab es auch in der Therapie von Eigennierenerkrankungen. Medikamente, die die Aktivität des Komplementsystems unterdrücken, erlauben es, bisher häufig therapierefraktäre Erkrankungen, wie das hämolytisch-urämische Syndrom, erfolgreich zu behandeln; auch der Verlauf von polyzystischen Nierenerkrankungen kann inzwischen bei gut ausgewählten PatientInnen medikamentös günstig beeinflusst werden. Zuletzt zeigten Studien, dass bestimmte blutzuckersenkende Medikamente (SGLT2 Inhibitoren) bei Diabetes das Fortschreiten der Nephropathie verlangsamen. Leider sind manche dieser Therapien sehr kostenintensiv, eine starke Patientenvertretung ist notwendig, um den Zugang sicherzustellen.
In den kommenden Jahren wird auch in der Nephrologie der Trend zur „personalisierten Medizin“ vermehrt Einzug halten. Das Ziel, „das richtige Medikament für den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt“, ist eine große Herausforderung, allerdings werden gerade hier in Europa große Fördermittel von der Europäischen Union zur Verfügung gestellt, um erfolgreich zu sein.

Internationale Ausrichtung

Gerade in diesem Bereich ist unsere Klinik sehr aktiv international mit eingebunden, wie man überhaupt sagen kann, dass sich unsere Klinik seit 1999 prächtig entwickelt hat. In den letzten Jahren macht uns vor allem das neue Arbeitszeitgesetz zu schaffen; wir versuchen, die Auswirkungen auf die Patientenversorgung so gering wie möglich zu halten. Erfreulicherweise hat die Zahl der jungen KollegInnen, welche sich für Nephrologie interessieren, wieder zugenommen, die Stellen der Klinik sind besetzt und daher sollte es auch in Zukunft möglich sein, die Fahnen der Nephrologie gemeinsam mit „Nephro Tirol“ hochzuhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Gert Mayer
Vorsitzender des Senats der Medizinischen Universität Innsbruck