Selbsthilfe im Wandel der Zeit! (von Rudolf Brettbacher)

Sich selber helfen oder sich mit gleichen Anliegen, Problemen und Anforderungen zusammen zu schließen, um gemeinsam Lösungen zu finden und sich gegenseitig zu unterstützen, gibt es in der Menschheitsgeschichte schon lange

Diese Art der Selbsthilfe ist nach wie vor enorm wichtig und unverzichtbar, sie wird aus meiner Sicht in unserer aktuellen und sich wandelnden Gesellschaft noch mehr an Bedeutung gewinnen. Ich gehe in meinem Kommentar auf die Selbsthilfe im Gesundheitsbereich ein. Die gegenseitige Hilfe, Information und der gute Rat bei den Stammtischen, Gruppentreffen oder in Einzelgesprächen ist nach wie vor die zentrale und wichtigste Aufgabe der Selbsthilfe.

Ob es nun eine Selbsthilfegruppe oder ein Verein ist, ist vorerst einmal nicht vorrangig. Aus der Erfahrung zeigt sich, dass sich sowohl die Selbsthilfegruppen als auch die themenbezogenen eingetragenen Vereine intern gut organisieren und auch die notwendigen Betriebsmittel durch Mitgliedsbeiträge oder Spenden aufbringen lassen.
Ein ganz wesentlicher Teil der Aufgabe der Selbsthilfe sollte aus meiner Sicht aber auch die Vertretung der Anliegen der Betroffenen und deren Angehörigen in Richtung Gesundheitssystem und öffentliche Stellen (Krankenanstalten und – kassen, Ärztinnen und Ärzten,  Pflegepersonal, Bund und Länder, div. Kammern und Gewerkschaften) gehen. Dabei ist es auch wichtig, Schulter an Schulter mit Ärztinnen und Ärzten und Pflegepersonal an einem Strang zu ziehen und bei den patientenrelevanten Forderungen für sie Partei zu ergreifen und zu unterstützen.

Um die Vertretung der Anliegen auch an die richtige Stelle im Gesundheitssystem bringen zu können, müssen die Patientinnen und Patienten und die Angehörigen eine gemeinsame Sprache sprechen und konkrete AnsprechpartnerInnen und –partner haben. Als Beispiel könnte je Organ oder eine Person alle Themen und Anliegen dieser Selbsthilfegruppen bzw. -vereine die Vertretung übernehmen oder übertragen bekommen. Es hätte natürlich durch die viel höhere Anzahl der Betroffenen auch noch einen weiteren positiven Effekt: Wenn wir als Patientenvertretungen in Zukunft im Gesundheitssystem mitreden und mitgestalten wollen, müssen wir uns in dieser Hinsicht noch wesentlich mehr auf die Beine stellen, nicht um Lösungen zu verhindern, sondern um gute, mit den Patienten gemeinsame Lösungen, zu erzielen.

Für mich steht aber auch außer Frage, dass es zukünftig auch eine Einbeziehung der PatientInnen in Richtung  Pharmaindustrie geben muss. Wir, die PatientInnen, sind es, welche die Medikamente bzw. die Pflege- und Hilfsmittel nehmen, und ich bin der Meinung, dass wir dadurch auch das Recht haben müssen, aus erster Hand gut informiert zu werden. Der Arzt weiß und entscheidet. Die Ärztinnen und Ärzte wissen und entscheiden, welche Substanz, welches Heilmittel benötigt wird und welche Abhängigkeiten es gibt, um die optimale Dosierung zu erzielen. Wenn es dafür aber Wahlmöglichkeiten gibt, sollten die Patienten in die Entscheidung miteinbezogen werden. Für den/die mündigen PatientInenen würde das Vertrauen und wahrscheinlich auch der Placeboeffekt gestärkt werden.

Um diese Aufgaben aber auch bewältigen zu können, müssen sich auch die Selbsthilfegruppen und –vereine weiterentwickeln und gut strukturieren. Geklärt werden muss auch die entsprechende Basisfinanzierung, sodass die notwendigen strukturellen Maßnahmen und Betriebsmittel ohne Spenden und nur zum Teil von Mitgliedsbeiträgen gesichert sind. Im Sinne der Selbsthilfe wäre es wichtig und positiv, wenn sich der Wandel in dieser oder ähnlicher Form für die Betroffenen entwickeln würde. Wir arbeiten auf jeden Fall daran.

Rudolf Brettbacher ist Präsident der Arge Niere Österreich und Obmann des Vereins Niere OÖ