Interview mit Dr. Christian Koppelstätter, Facharzt Innere Medizin und Nephrologie

„In meiner Auffassung den Arzberuf zu praktizieren sah ich für mich in den nächsten 10 Jahren keine Zukunft im Krankenhaus“

Dr. Christian Koppelstätter im Gespräch mit Nephr Tirol
Dr. Christian Koppelstätter im Gespräch mit Nephro Tirol

Zur Person: Der gebürtige Innsbrucker Christian Koppelstätter hat von 1993 bis 2000 an der Universität Innsbruck Medizin studiert. Von 2000 bis 2002 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Physiologie. Ab 2002 arbeitete Koppelstätter an der Nephrologischen Klinik. Er hat bereits zahlreiche Nachwuchspreise für seine Forschungen erhalten, unter anderem den Förderpreis der Nephrologie Österreich 2008. Seit 2014 betreibt Koppelstätter in Innsbruck eine Ordination und beschäftigt sich mit über 30 wissenschaftlichen Arbeiten mit der Nierenheilkunde. Im Interview mit Nephro Tirol spricht er über seine Beweggründe, sich selbständig zu machen.

Nephro Tirol (NT): Nach Abschluss des Medizinstudiums und der Facharztausbildung haben Sie sich für die Nephrologie entschieden. Was waren die Beweggründe?

Christian Koppelstätter (CK): Ehrlich gesagt war es etwas der Zufall. Ich bin bereits im Studium und im Rahmen der Dissertation auf der Abteilung für Physiologie in das nephrologische Fahrwasser geraten und dann gerne dort geblieben.

NT: Viele junge Ärzte „rebellieren“ gegen überlange Dienste in den öffentlichen Spitälern. Die Arbeitszeitregelung ist in aller Munde. Wenn Sie an Ihre Ausbildung im klinischen Bereich denken, wie ist es Ihnen als junger Arzt ergangen?

CK: Retrospektiv haben wir damals Arbeitbedingungen akzeptiert, die absolut untragbar waren (32 Stunden am Stück ohne Ruhephase zu arbeiten ist nicht nur einmal vorgekommen). Auf Grund des Überangebotes an Ärzten waren wir jedoch leichter unter Druck zu setzen haben damit darüber nicht nachgedacht bzw revoltiert. Der Arztberuf wird nie nur mit vollkommen geregelten Arbeitszeiten von 8 bis 16 Uhr ausgeübt werden. Menschen sind eben rund um die Uhr krank. Es war jedoch hoch an der Zeit, die Arbeitsbedingungen und die Lebensqualität der Ärzte zu verbessern, damit diese auch langfristig gute Arbeit leisten können.

NT: Nephrologen könnten zur Mangelware werden. Fachärzte wandern ins Ausland ab und scheinbar ist der Spitalsalltag nicht zufriedenstellend. Warum haben Sie sich entschlossen als Wahlarzt eine Praxis zu eröffnen?

CK: In meiner Auffassung den Arzberuf zu praktizieren sah ich für mich in den nächsten 10 Jahren keine Zukunft im Krankenhaus. Die Wartezeit auf eine Kassenstelle in Innsbruck ist aktuell ungefähr mit 10 Jahren einzuschätzen. In der Hoffnung, dass eine persönlichere und damit auch intensivere Betreuung es den Patienten wert ist, den Selbstbehalt zu übernehmen, war die Wahlarztpraxis die einzige Alternative.

NT: Die nephrologische Ambulanz ist die einzige Fachambulanz für Nierenkranke in Tirol. Bisher gab es fast keine Alternativen. Nun sind in Tirol drei Nephrologen als Wahlärzte tätig. Profititieren die Patienten von dieser Entwicklung oder kann es zu einer Mehrklassenmedizin führen?

CK:Ich denke, dass es für die Patienten von Vorteil ist. Ich schätze sowohl meine niedergelassenen, als auch meine Kollegen im Spital durchwegs sehr und würde mir aus diesem Grund keine Sorge um die adäquate Versorgung der Nierenpatienten machen.
Da die meisten Wahlärzte, sowie auch ich, größtenteils nach Kassentarif abrechnen ist der Selbstbehalt bei unkomplizierten Verläufen überschaubar und in anderen Fachrichtungen schon lange Alltag. Eine Mehrklassenmedizin könnte nur bei einem weiteren Ausbluten der Krankenhäuser kommen.

NT: Sie haben sich auch wissenschaftliche mit der biomedizinischen Altersforschung befasst. Was sind die Erkenntnisse Ihrer Arbeit auf diesem Gebiet?

CK:Im Rahmen meiner PhD Dissertation habe ich mich mit der Bestimmung des biologischen Alters intensiv beschäftigt und möchte diese Erfahrung und Expertise nicht missen. Insbesondere konnten wir damals zeigen, dass nicht nur das reele Spenderalter, sondern vor allem auch das biologische Alter der Zellen einer Spenderniere den weiteren Verlauf nach der Transplantation entscheident mitbestimmt.

NT: Was hat sich für Sie seit 2014 (Eröffnung der Wahlarztpraxis) im Vergleich zum klinischen Procedere verändert?

CK: ein deutlicher Zuwachs an Selbstbestimmtheit, mehr Zeit für die Patienten, viele neue Erfahrung in der Führung eines Unternehmens; erstaunlicherweise wenig Einschränkungen in der Möglichkeit der neprhologischen Abklärung ( welche auch ausserhalb der Klinik sehr gut funktioniert).

NT: 11 Jahre waren Sie auf der Innsbrucker Nephrologie tätig. Wie sehen Sie nun als niedergelassener Internist die Zukunft der Patientenversorgung? Immerhin musste ab Februar 2015 die nephrologische Ambulanz für zwei Tage die Woche geschlossen werden?

CK: Auf Grund eines akuten Personalmangels wurden die Öffnungszeiten reduziert und soweit ich weiss, ist nur mehr ein Tag die Nephroambulanz pro Woche geschlossen.
Manchmal braucht es reinigende Prozesse. Lange war ein Überangebot an Medizin vorhanden. Dieses Pendel schlägt in der Medizin aktuell in die Gegenrichtung aus. Spannend wird nur sein wann es wieder zu einer Trendumkehr kommen wird (ähnliche Probleme bestehen ja auch in der Besetzung von Praktikerstellen am Land).Ich denke, dass hier sehr viel Verantwortung aktuell bei der Verwaltung und der Politik liegt.
Es geht nicht primär um bessere Gehälter. Leider ist das immer das Hauptthema in den Medien. Es geht um die Wertschätzung, welche ein Gesamtpaket mit Arbeitszeit, klaren Ausbildungsregelungen und Familien- bzw Beziehungsfreundlichkeit beinhaltet. Die jungen Kollegen sind schon dabei dies (zu Recht)  einzufordern.

NT: Haben Sie jetzt in der Praxis auch mit NTX-Transplantierten und Dialysepatienten zu tun?

CK: Erfreulicherweise kann ich relativ viele Nierentransplantierte betreuen. Auf Grund fehlender Möglichkeit in einer Dialyse mitzuarbeiten fehlt mir jedoch der Kontakt zu Dialysepatienten.

NT: Für uns ist ein niedergelassener Nephrologe „Neuland“. Wie funktioniert die Verrechnung von Leistungen und auf was muss sich der Patient einstellen, wenn er eine Wahlarztpraxis aufsucht?

CK: Zu diesem Punk kann ich Ihnen nur meine Abrechungs-Struktur sagen, die sich jedoch mit vielen meiner Kollegen so weit ich weiß, deckt. Je nach Krankenkasse werden Leistungen wie Blutbild, EKG, Ultraschälle, 24 Stunden Blutdruck bewertet und Kassen-Ärzten auch so ausgezahlt. In meiner Praxis wird er jeweilige Kassentarif für die erbrachten Leistungen verechnet und man kann je nach Kasse mit zwischen 50 (TGKK) bis 80% (SVA, BVA) an Rückerstattung rechnen. Ein Kostenvoranschlag ist mittlerweile auch beim Internisten ein üblicher Vorgang und kann recht genau vorhergesagt werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Praxis Dr. Christian Koppelstätter

Reha Zentrum Münster